Inspektionsdrohne holt sich Strom zum Aufladen aus Überlandleitungen

Eine Inspektionsdrohne für Hochspannungskabel muss möglichst in Leitungsnähe aufgeladen werden können. Warum nicht gleich den Strom aus den Leitungen verwenden?

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Inspektionsdrohne dockt an eine Hochspannungsleitung an.

Eine Inspektionsdrohne dockt zum Laden an eine Hochspannungsleitung an.

(Bild: Drone Infrastructure Inspection & Interaction Group (Screenshot))

Lesezeit: 3 Min.

Wissenschaftler der University of Southern Denmark (SDU) haben eine Drohne entwickelt, die sich den Strom zum Aufladen ihrer Akkus aus Überlandleitungen holen kann. Die Drohne muss nicht mehr zu einer speziellen Aufladestation zurückkehren und kann so nahezu überall aufladen und praktisch ewig in der Luft bleiben. Mittels einer Künstlichen Intelligenz (KI) erkennt die Drohne die Hochspannungskabel und dockt von unten an ihnen an, um dann Strom induktiv abzusaugen.

Das Ziel der Ingenieure war es, eine Drohne zu entwickeln, die über längere Zeiträume vollständig autonom Aufgaben durchführen kann, ohne dass ein Mensch eingreifen muss. Die Forscher der SDU beschreiben ihr Konzept in dem wissenschaftlichen Paper "Autonomous Overhead Powerline Recharging for Uninterrupted Drone Operation" (PDF), das in der Fachzeitschrift 2024 IEEE International Conference on Robotics and Automation (ICRA 2024) erschienen ist.

Die Idee, Hochspannungsleitungen anzuzapfen, um damit Drohnenakkus aufzuladen, entstand bereits 2017. Emad Ebeid, Professor an der SDU, untersuchte damals Möglichkeiten zur Inspektion von überirdischen Stromleitungen. Dabei stellte er fest, dass der damals übliche Inspektionsaufwand mit Helikoptern und Bodenpersonal unverhältnismäßig hoch war – sowohl was die Effizienz als auch die Kosten anging. Als Alternative schlug er Drohnen vor, die die Inspektionsaufgaben übernehmen sollten. Sie könnten ferngesteuert oder autonom fliegen und die Leitungen überwachen.

Als Hindernis erwies sich allerdings die kurze Flugdauer der Drohnen aufgrund der begrenzten Akkuleistung. Dafür infrage kommende Drohnen auf Industrieniveau hielten nur etwa 30 Minuten, maximal 40 Minuten durch. Es musste also eine Möglichkeit geschaffen werden, den Akku regelmäßig aufzuladen, ohne eine Basis anfliegen zu müssen. Das sollte über die Hochspannungsleitungen geschehen, an denen die Drohnen selbstständig andocken.

Die dänischen Forscher machten sich zunächst daran, das Problem zu lösen, wie die Drohne sicher an einer oberirdischen Stromleitung andocken kann. Dazu setzen die Forscher zur Erkennung eines Hochspannungskabels eine KI ein. Sie analysiert die mit einer Kamera aufgenommene Umgebung und detektiert mittels Objekterkennung die Hochspannungsleitungen. Die Drohne nähert sich von unten der Leitung, was sich als sicherste Methode herausgestellt hat. Lidar-Sensoren helfen, die Leitungen zu erkennen, um einen genauen Anflug zu gewährleisten. Die Drohne hält sich dann mit einem isolierten Greifer an der Leitung fest. Ein elektromagnetischer Mechanismus schnappt dabei zu, ohne dass dazu Motoren benötigt werden. Das spart Gewicht.

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Die Energie zieht die Drohne induktiv aus der Leitung. Nur so ist es möglich, ohne über einen dafür notwendigen, speziellen (und schweren) Transformator die hohe Spannung von 1000 bis 800.000 Volt auf das zur Ladung nötige Niveau zu bringen.

"Die Aufladung erfolgt induktiv und hängt daher nur von der Stromstärke und nicht von der Spannung der Stromleitung ab", erklärt das Team den Vorgang.

In Abhängigkeit von der Stromstärke muss die etwa 4,3 Kilogramm schwere Drohne mit ihrem 7000-mAh-Akku zwischen 30 Minuten und sechs Stunden an einer Stromleitung geladen werden. Ist das erledigt, löst sich die Drohne von der Leitung und kann ihren Dienst fortsetzen. Sinkt die Akkuenergie unter einen bestimmten Schwellenwert, schaltet die Drohne wieder in einen Such- und Erfassungsmodus und sucht sich die nächste Stromleitung zum Aufladen.

(olb)